Weil ich wegen eines längeren Englandaufenthaltes ziemlich viel Schulstoff verpasst hatte, hing ich in Französisch zum Jahresende hinterher. Also bot meine Mutter mir spontan an, eine Sprachreise zu machen. Die iSt-Broschüren lagen in meiner Schule aus und machten mir richtig Lust auf Sprachferien am Meer. Einen Mausklick später war ich angemeldet. Von nun an bekam ich häufig Post von iSt. Irgendwann kam der iSt Rucksack. Dann, 3 Wochen vor der Abreise, lagen Ticket, "meine Adresse" und sonstige Unterlagen im Briefkasten. "Place de Gaulle", bei Google Earth fand ich heraus, dass ich total zentral wohnen sollte und alles zu Fuß erreichbar war. Ich war begeistert und schickte meiner Gastmutter, Marie, eine Postkarte.
Endlich war der Abreisetag gekommen. Der Rucksack war zunächst im Koffer versteckt, aber nach dem Sicherheitscheck merkte ich, dass es eigentlich ganz praktisch war, ein Erkennungszeichen zu tragen. Am Gate fand ich auch sofort den ersten "Mitflieger", der genau wie ich zum ersten Mal eine Sprachreise machte. Wir unterhielten uns eine Weile und hielten Ausschau nach anderen iSt - Leuten, bis wir bemerkten, dass das Gate "kurzfristig" geändert wurde und wir 20 Gates weiterrennen mussten! Der "praktische" Rucksack riss leider auch noch dabei, aber im Endeffekt haben wir es ja doch geschafft! Und tatsächlich, hier war bereits eine ganze iSt Clique versammelt. Natürlich alle mit Rucksack.
Der Anflug auf Nizza war wunderschön. Überall Palmen, Sonne, Meer, .... . Richtige Ferienstimmung hieß uns willkommen. Thorsten, der Gruppenleiter, begrüßte uns und gab erste Anweisungen. Nachdem wir alle unsere Koffer gefunden hatten, stiegen wir in den Bus und fuhren die 10 km nach Antibes. Obwohl ich total fertig von der Reise war, kam ich aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. Dann am Hafen der erste Schock: Mein Gastvater. Nicht wegen dem Mann, ich hatte einfach nur "Marie" erwartet. Im Auto wusste ich erstmal nicht, was ich sagen sollte. Ich kann ja eh kein Französisch, redete ich mir ein. Ich war nicht mal fähig, mein Alter zu sagen. Eigentlich war die Zeichensprache, mit der wir uns verständigten, ganz lustig. Den Place de Gaulle erkannte ich sofort wieder, im Internet hatte ich schon fleißig die Wasserfontänen gezählt. Fernand, so hieß mein Gastvater, half mir mein (schweres) Gepäck die Treppen bis in den 3. Stock zu tragen (ohne Aufzug). Oben wartete dann auch endlich Marie, meine Gastmutter. Wir begrüßten uns (natürlich mit bises) und sie zeigte mir das Zimmer. Kaum öffnete sie die Tür, kam ein kleines, brünettes Mädchen herausgesprungen und umarmte mich. Meine Mitbewohnerin Lisa aus Hamburg! Das Zimmer und die gesamte Wohnung waren groß, hell und sehr schön eingerichtet. Eine typische Altbauwohnung im französischen Stil eben. Nach dem Auspacken stellte sich zum Glück heraus, dass Lisa wesentlich besser in Französisch war als ich und gemeinsam schafften wir es, den Gasteltern zu erzählen, was für Speisen wir mochten und welche nicht. Obwohl die Schwüle uns etwas müde gemacht hatte, beschlossen wir, die Altstadt zu erkunden. Die Gasteltern und ihr 3-jähriger Enkel (wir konnten es gar nicht glauben, die beiden sahen noch so jung aus!!) besuchten das Picasso Museum und wir konnten tun und lassen was wir wollten. Von der Küche aus hatte man einen fantastischen Ausblick auf den Place de Gaulle (Nachteil: die Fontänen hören sich an wie eine 5 m entfernte Dusche). Antibes ist eine wunderschöne Stadt mit sehr interessanten Geschäften und immer lebendig. Der Hafen sieht wunderschön aus. Das erste Problem war der Straßenverkehr. Erst nach einigen Tagen konnten wir uns daran gewöhnen, dass Franzosen grundsätzlich bei Rot über die Straße gehen, bei Grün ist fast schon lebensmüde! So standen Lisa und ich 10 Minuten an einem Zebrastreifen und trauten uns nicht, rüber zu gehen. Am nächsten Tag (Sonntag) lernten wir Thorsten (den "leader") und die anderen etwas besser kennen. Wir machten einen Stadtrundgang und gingen danach sofort zum Strand. Etwas eng, aber sehr schön und sonnig. Das Wasser ist in Antibes einfach genial blau!! Abends hatten wir uns zu Picknick und Volleyball mit "Thorschde" (der hatte ganz schnell seinen Spitznamen) verabredet. Schon jetzt konnte ich kein Baguette mehr sehen. Langsam bildeten sich erste Freundschaften. Auch mit dem Schulunterricht kam ich gut zurecht. Am Anfang war es zwar recht gewöhnungsbedürftig, mitten in den Ferien in die "Schule" zu gehen, und dann auch NUR Französisch, aber eigentlich lief es total locker, dank dem Einstufungstest war ich in der richtigen Gruppe und endlich habe ich Lust bekommen, Französisch zu lernen. Thorsten, Mariette und Muriel unterrichteten (fast) nur auf Französisch und vor allem die Grammatik und jede Menge Vokabeln konnte ich aus dem Unterricht mitnehmen. Die Schule war einfach eingerichtet, aber trotzdem irgendwie gemütlich, oft saßen wir nach dem Unterricht noch einfach im Innenhof und haben uns gesonnt. Abends trafen wir uns eigentlich immer am Strand, es sei denn irgendwelche Ausflüge waren geplant.
Als erstes ging es nach Nizza, ein wahres Shoppingparadies (bloß nicht Flip-Flops anziehen)! Und für Shoppingmuffel unbedingt Badesachen einpacken, das Wasser in Nizza ist einfach himmlisch. Das Freizeitprogramm war groß: "Bananefahren", Klettern, Segeln, Wandern, Museen, Kino, Konzerte, die Iles de Lerins, oder Basketball spielen. Vor allem das Catamaran fahren ist ein echter Tipp, kein bisschen schwierig, man wird eh wieder "eingesammelt". Immer wieder gab es atemberaubende Sonnenuntergänge am Strand und natürlich immer etwas zum Lachen. Achtung übrigens vor den jugendlichen Franzosen! Ein weiterer Hit war natürlich Monaco, ein unbeschreibliches Land. Total sauber und von überall her sprüht der Glamour. Einmal waren wir auch in einer Parfumerie in Grasse, wo wir alles zum Sonderpreis bekamen. Danach waren wir noch in "Les grottes de Saint Cezaire", auch sehr schön (vor allem mal kühl). Langsam ging unsere Zeit dem Ende zu. Mit Französisch klappte es auch immer besser. Mit meinen 5 Gastgeschwistern (ja, von wegen eine Frau) und dem zahlreichen Besuch, der immer da war, konnten wir auch viel reden. Natürlich ist so eine Sprachreise nie perfekt, Missverständnisse gibt es immer (zum Beispiel habe ich erst nach 1 1/2 Wochen kapiert, dass mein jüngster Gastbruder nicht "Karton", sonder "Quentin" heißt), aber selbst ein Asthma-Anfall kann die gute Stimmung nur ganz kurz trüben. Ich würde mal sagen: Wir hatten eine „bonne“ Zeit und ich würde es IMMER wieder tun.